«Diese Steuersenkung ist verantwortungslos»
Für den Kanton entstehen mit der Steuersenkung Mindereinnahmen von rund 30 Millionen Franken pro Jahr. Während der Kanton mit 30 Millionen Franken wichtige Projekte realisieren könnte, ist die Steuerfussreduktion für einen Grossteil der Steuerzahlenden kaum spürbar. Nationalrat Kurt Egger rechnet vor: Fast vier Fünftel der Steuerpflichtigen versteuern ein Einkommen von weniger 75’000 Franken. Diese sparen weniger als 200 Franken pro Jahr, können sich also monatlich ein zusätzliches Mittagessen im Restaurant leisten. Für die Hälfte der Steuerpflichtigen reicht es gar nur für maximal zwei bis drei Kaffees im Monat. Die Beispiele zeigen: den grössten Teil der 30 Millionen ergattern sich die 20 % Reichsten.
Eine Steuersenkung um mindestens 5% ist verantwortungslos
SP und GRÜNE Thurgau haben in einer zehnköpfigen Arbeitsgruppe unter Beizug des Wirtschaftswissenschafters Marcel Bühler die Budgets und den Finanzplan untersucht. Die Budgets 2022 und der Finanzplan 2023-25 selbst belegen, dass nur Defizite erwirtschaftet und vier Planvorgaben des Kantons nicht mehr erfüllt werden. Aufgrund der hohen Verluste bis 2025 können eigene Investitionen nicht mehr durch laufende Erträge erwirtschaftet werden. Auch das Nettovermögen wird 2025 unter dem vom Kanton festgelegten Mindestwert liegen.
Die grüne Fraktionspräsidentin Sandra Reinhart betonte, dass eine nachthaltige und stabile Finanzpolitik nicht auf volatilen Zahlungen der Nationalbank basieren könne. Nachhaltige Finanzpolitik konzentriere sich auf das Kerngeschäft und richte den Steuersatz langfristig danach aus. Das bietet auch der Wirtschaft Planungssicherheit. Aus dieser Sicht ist die geplante Steuersenkung nicht angebracht. Aufgrund der massiven Verluste gemäss Finanzplan 2023-25 sei in ein paar Jahren eine erneute Erhöhung der Steuern unabdingbar.
Zukünftige Herausforderungen
Für SP und GRÜNE bedeutet eine verantwortungsvolle Finanzpolitik, dass der Staat wichtige Handlungsfelder erkennt und die Finanzierung für mögliche staatliche Lösungen vorbereitet. Genau das verhindert die Steuersenkung. Der Kanton Thurgau hat sich mehreren Herausforderungen zu stellen, in denen Handlungsbedarf besteht. SP-Präsidentin Nina Schläfli betonte, dass eine stärkere finanzielle Beteilung an der ausser- und vorschulischen Kinderbetreuung dringend notwendig sei. Ebenso gebe es Handlungsbedarf im Gesundheitswesen, beteuerte die SP-Fraktionspräsidentin Sonja Wiesemann. Bei der Individuellen Prämienverbilligung (IPV) müsse unbedingt nachgebessert werden. Ab einem Lohn von rund 2500 Franken gebe es keine IPV mehr. Und die geplante und noch ausstehende Revision der IPV generiere im Thurgau deutliche Mehrkosten. Selbst der Regierungsrat räumt ein, dass diese schwer zu kompensieren seien. Auch bei der Energieförderung brauche es zusätzliche Mittel, rechnete Kurt Egger vor. Um die vom Regierungsrat festgelegten Ziele zu erreichen, fehlen jährlich 15 bis 20 Millionen Franke Kantonsmittel.
SNB-Gewinnausschüttungen gehören der Bevölkerung
Nina Schläfli skizzierte den künftigen Umgang mit SNB-Gewinnausschüttungen. Ausserordentliche Einnahmen sollen auch ausserordentlich ausgegeben werden. GRÜNE und SP schlagen einen Systemwechsel bei mehrfachen bzw. deutlich höheren Gewinnausschüttungen vor: Überweist die SNB hohe Gewinnanteile, so sind diese -anstatt mittels ungerechter Steuersenkungen- direkt an die Bevölkerung zu überweisen. Das könnte zum Beispiel als Steuergutschrift in der Höhe der jeweiligen Ausschüttung geschehen oder in Form eines partizipativer Projektfonds für aussergewöhnliche Projekte und Ideen aus der Bevölkerung für die Bevölkerung. Ebenso wären innovative und experimentelle Grossprojekte zur Bewältigung der Klimakrise denkbar. SP und GRÜNE werden diese Ideen weiterverfolgen und zu einem späteren Zeitpunkt vorstössig werden. Dank einer jährlichen Sonder-Ausschüttung könnte eine gleichmässige Besteuerung im Konjunkturzyklus erreicht werden. Wer heute die Steuern senken will, wettet darauf, dass die SNB weiterhin maximale Ausschüttungen tätigen wird. Regierung und Parlament sind aber kein Wettbüro. SP und GRÜNE tragen Verantwortung und wehren sich gegen die Steuersenkung.