Kopf des Monats – Heike Aus der Au
Von Märstetten auf dem einstigen «staubfreien Weg» herkommend, grüssen beim jungen Nussbaum und entlang der Rebberge die ersten Dächer von Boltshausen in der fahlen Morgensonne. Beim Eingang zum einstigen Bauernhaus mit der Hausnummer 8 steht Heike Aus der Au zum Empfang bereit. «Hier habe ich das gefunden, was ich mir immer gewünscht habe und ich bin glücklich, in diesem alten Bauernhaus wohnen zu dürfen», steigt die Boltshauserin bei einer Tasse Tee, in welcher die verschiedensten Kräuter aus ihrem Garten ziehen, gesüsst mit einen Löffel Honig aus einer Dementer-Imkerei, ins Interview ein. «Ich habe mich hier von Anfang an wohlgefühlt, obwohl ich mich mit meinen eigenen Ideen und Ansichten oft zurückhalten musste», erinnert sich die Primarlehrerin an den 1. April 1990, als sie zusammen mit ihrem Gatten Werner, dem kleinen Samuel und ihrem Haflinger «Selun» in das von ihnen zuvor renovierte Bauernhaus einzog. Dieses gehörte einst Frida Stäheli, der Mutter von Werner Aus der Au.
Ich habe mich hier von Anfang an wohlgefühlt,
obwohl ich mich mit meinen eigenen Ideen
und Ansichten oft zurückhalten musste.
Ausbildung zur Primarlehrerin
Aufgewachsen mit ihrem Bruder als Tochter eines Schreiners aus Schlesien und einer Mutter, die aus dem ehemaligen Ostdeutschland auf Umwegen in die Schweiz gekommen war, besuchte Heike Aus der Au die Primarschule in Henau und anschliessend die Sekundarschule in Uzwil. «Schon als 17-Jährige gab ich in einem Leserbrief meinen Unmut darüber kund, dass in unserem Dorf die schönen Gärten einer überdimensionalen Strasse weichen mussten und später litt ich darunter, dass ein Abhang, der von den Kindern im Winter zum Schlitteln benützt wurde, einer grossen Einfamilienhausüberbauung weichen musste», erinnert sie sich. «Meine Jugend prägte mein Konsumverhalten und schon früh waren mir die Natur und die Pflanzenwelt wichtig», sagt sie. In der Kantonsschule am Burggraben in St. Gallen erlangte die junge Henauerin die Matura. Nach einem Zwischenjahr mit einem Sprachaufenthalt in einer Genfer Kinderkrippe und als Au Pair in England schloss sie am Seminar Rorschach die Ausbildung zur Primarlehrerin ab. Im Gegensatz zu heute herrschte im Anschluss an ihre Ausbildung im Jahr 1983 ein Überfluss an Lehrpersonen. Dies hatte zur Folge, dass die junge Lehrerin während drei Jahren Stellvertretungen übernahm in der näheren und weiteren Umgebung. «Rückblickend eine geniale Zeit mit vielen prägenden Erlebnissen, auch neben dem Unterrichten und auf der Suche nach meinem Weg», sagt sie. Ab 1986 unterrichtete sie in Teilzeitanstellung eine erste Klasse im Schulhaus Schoren in St. Gallen und liess sich parallel dazu im Bereich des heilpädagogischen Reitens ausbilden. Dazu kam die Ausbildung zur Flötenlehrerin SAJM.
Meine Jugend prägte mein Konsumverhalten
und schon früh waren mir die Natur und die
Pflanzenwelt wichtig.
Himmelbett aus Jahre 1808
«Dank meines Interessens an der Natur, am Anpflanzen, Flicken, Einmachen, Bäume schneiden und vielem mehr, hat man mich bald einmal verstanden hier», erklärt die Naturverbundene und Flexitarierin, die lediglich dann Fleisch isst, wenn sie dessen Herkunft kennt. Dass ihr die Natur und die Pflanzenwelt am Herzen liegt, davon zeugt ihr Garten mit Beeren, Früchten (darunter Kiwi und Kaki), Gemüse usw. Wichtig sind für sie ihre zahlreichen Kaninchen, die drinnen und draussen einen freien Auslauf geniessen dürfen. Man spürt auf Schritt und Tritt: «Die 61-jährige Boltshauserin lebt ihre Ideale. Dies widerspiegelt sich auch im zusammen mit einer Kollegin aufgebauten Repair-Café in Weinfelden, dem inzwischen insgesamt rund 20 Personen angehören. Ab diesem Jahr werden dreimal jährlich neu im Thomas Bornhauser Sekundarschulhaus Reparaturen angeboten, dies gemäss dem Grundsatz: «Weg von der Wegwerfgesellschaft und hin zur Nachhaltigkeit». Auch bei der Evangelischen Kirchgemeinde Märstetten engagiert sich die Boltshauserin im Bereich Umwelt. Als Umweltbeauftragte hat sie wesentlich dazu beigetragen, dass die Kirchgemeinde das Zertifikat «Grüner Güggel» erhielt. «Das heisst nun aber nicht, dass die Sache abgeschlossen ist. Wir bemühen uns weiterhin, Schritte in eine umweltschonende Verhaltensweise im kirchlichen Bereich zu tun», hebt sie hervor. Auch die Musik spielt in ihrem Leben eine wichtige Rolle. Seit dem Sommer 1989 unterrichtet sie die FlötenschülerInnen von Märstetten und später sind jene von Ottoberg dazu gekommen. Seit vielen Jahren singt sie mit im Frauen- und Männerchor Ottoberg, wo viele verschiedene Menschen zusammen singen.
In den vergangenen Jahren ist auf der ehemaligen Heubühne ein kleines, aber feines Museum entstanden. Dieses widerspiegelt schön geordnet das frühere Leben von Boltshausen und seiner Umgebung: Wohnen, Küche, Handwerk und Landwirtschaft, Schule. Führungen für Schulklassen oder andere Personengruppen sind auf Anmeldung möglich.
Weg von der Wegwerfgesellschaft
und hin zur Nachhaltigkeit.
Heike Aus der Au
Alter: 61
Wohnort: Boltshausen
Hobbys: Ökologie als Lebensgrundlage
Aktuelle Lektüre: Bioterra-Zeitschrift