Natur- und Heimatschutzgesetz
Vernehmlassung Natur- und Heimatschutzgesetz (PDF)
Vernehmlassung betreffend Gesetz betreffend die Änderung des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Natur und der Heimat (TG NHG)
Sehr geehrte Frau Regierungsrätin Carmen Haag
Sehr geehrte Damen und Herren
Die GRÜNEN Thurgau bedanken sich für die Einladung zur Teilnahme an der Vernehmlassung betreffend Gesetz betreffend die Änderung des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Natur und der Heimat (TG NHG).
Die GRÜNEN Thurgau begrüssen die vorliegende Gesetzesrevision. Sie trägt wesentlich zum Erhalt und zur Förderung der Biodiversität bei. Der Teil Schutz von Bauten, Bauteilen und Anlagen erscheint uns noch nicht ausgereift. Da erwarten wir Präzisierungen.
Bemerkungen zu einzelnen Paragraphen
$ 3 Abs. 1
Die neue Formulierung «Rücksicht auf die Ziele dieses Gesetzes» ist wesentlich prägnanter, verbindlicher als der bisherige Passus «Rücksicht auf die Belange des Natur- und Heimat-schutzes». Sie umfasst neu auch die Biodiversität. Wir befürworten diese Änderung.
$ 10a Schutz von Bauten, Bauteilen oder Anlagen
Die Formulierung des Artikels 10a führt zu Missverständnissen. Der Artikel geht grundsätzlich davon aus, dass das Innere von Gebäuden weniger schutzwürdig sei als das Äussere. Dies ist ein völliger Irrtum. Es gibt viele Gebäude, bei denen am äusseren Erscheinungsbild nicht alle Teile schutzwürdig sind, wogegen im Inneren einzelne Bauteile Schutz verdienen.
Generell finden wir den Absatz 2 missverständlich formuliert. Was bedeutet, dass das Innere von herausragendem Wert sein soll? Das Bundesgericht hat unlängst am Beispiel des Zuger Denkmalschutzgesetzes, das es teilweise aufhob, die Bestimmung, wonach nur «äusserst wichtige» Baudenkmäler geschützt sein sollen, zwar nicht als direkt bundesrechtswidrig qualifiziert, allerdings mit der maliziösen Begründung, dass dieser Begriff bundesrechts-konform «ausgelegt werden könne». Es könnte also durchaus sein, dass dieser Absatz vor dem Bundesgericht nicht Stand hält. Der Absatz ist sicher eine Verletzung der Granada-Konvention (SR 0.4040.4), da diese die Schweiz zum Schutz wichtiger Kulturgüter verpflichtet – und nicht bloss einiger weniger Leuchttürme und auch wenn es sich nur um Objekte von lokaler Bedeutung handelt.
Im erläuternden Bericht wird eingeräumt, dass sich mit der Revision an sich nichts Grundsätzliches ändere, da im Rahmen der Interessenabwägung und der Verhältnismässigkeitsprüfung in der Praxis ohnehin zwischen der äusseren Erscheinung eines Objekts und dessen innerer Substanz unterschieden wird.
Daher wäre es wünschenswert, wenn die aktuelle Rechtslage eher präzisiert, denn mit zusätzlichen Missverständnissen angereichert würde. Der folgende Neuformulierungsvorschlag umfasst alle wesentlichen Aspekte.
Antrag zu § 10a, Neuformulierung
Wir beantragen den § 10a wie folgt neu zu formulieren:
«Anordnungen der Gemeinden bei Bauten, Bauteilen oder Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 4 bestimmen den genauen Schutzumfang. Sie berücksichtigen die Bedeutung des Schutzobjekts und seiner Teile wie auch der entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen und die Verhältnismässigkeit.»
Sollte am bestehenden Absatzaufbau festgehalten werden, fordern wir eventualiter die Umformulierung von Absatz 2.
Absatz 2 verlangt für den Schutz kumulativ sowohl die herausragende kulturgeschichtliche Bedeutung als auch die untrennbare Einheit mit der Baute. Was diese kumulative Bedingung in der Praxis bedeuten soll, wird im erläuternden Bericht nicht erklärt. Bedeutet dies beispielsweise, dass bedeutende Täfer oder Kachelöfen nicht geschützt werden können, da man sie schliesslich in ein Museum verfrachten oder in einem Neubau auf der anderen Seite des Atlantiks einbauen könnte? Im Ergebnis öffnet diese neue Regelung der Auskernung ganzer Altstädte Tür und Tor. Diese Regelung war lange Zeit in weiten Teilen der Schweiz Usus, gerät aber inzwischen in diversen Kantonen (so etwa in den Kantonen Aargau, Waadt u.v.a.) in Verruf, weil dies zu Städten und Dörfern ohne Leben führt. Das Wort «herausragend» schränkt den Schutz stark ein. Wir sind der Meinung, dass auch normale historische Täfer Schutz verdienen. Schutz bedeutet ja noch nicht, dass nichts verändert werden darf. In diesem Sinne beantragen wir das Wort «herausragend» mit den Worten «sehr hoch» zu ersetzen.
Antrag zu § 10a, Ziffer 2
Als Minimum beantragen wir, dass die Bedingungen nicht kumulativ erfüllt sein müssen («und» durch «oder» ersetzen):
«die innere Bausubstanz wie Decken, Wände, Böden und Ausstattungen sowie die Raumaufteilung und die Vertikalerschliessung, sofern diese von herausragender sehr hoher kulturgeschichtlicher Bedeutung sind oder mit der Baute eine untrennbare Einheit bilden.»
$ 20a, Abs. 2
Wir begrüssen, dass die Umsetzung der Strategie in einem Massnahmenplan konkretisiert wird, der alle vier Jahr überarbeitet wird. Zu diesem Massnahmenplan müssen auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. § 21a, Absatz 4 besagt lediglich, wie viele Mittel dem Fonds zuzuweisen sind. Er sagt nichts darüber aus, welche Mittel zur Umsetzung des Massnahmenplans zur Verfügung stehen.
Antrag zu § 20a, Absatz 2, Ergänzung
Für die Umsetzung der Strategie beschliesst er für jeweils vier Jahre den Massnahmenplan Biodiversität. Im Mittel über die Jahre sollen Projekte gemäss Massnahmenplan Biodiversität im Umfang von mindestens 4 Millionen Franken unterstützt werden.
$ 21a Abs. 2 Spezialfinanzierung
Auf dem Unterschriftenbogen aber auch im Argumentarium weisen die Initianten darauf hin, dass die Planung und Umsetzung von Massnahmen zusätzliche personelle Ressourcen erfordert. Abs. 2 entspricht den Intentionen der Volksinitiative, was wir ausdrücklich begrüssen.
$ 21a Abs. 4 Spezialfinanzierung
Die jährliche Zuweisung von 6 Millionen Franken aus dem Budget entspricht dem Initiativtext der Volksinitiative «Biodiversität Thurgau», der verlangt, dass «der Kanton Thurgau (…) zu ihrer Umsetzung (der kantonalen Biodiversitätsstrategie) jährlich 3 bis 5 Millionen Franken zusätzlich zur Verfügung stellt.» Damit sind unmissverständlich kantonale Geldmittel erwähnt. Wir bedanken uns für diese korrekte Umsetzung des Initiativanliegens.
Wir bedanken uns für die wohlwollende Prüfung unserer Anträge.
Freundliche Grüsse
Kurt Egger
Präsident GRÜNE Thurgau